Gott ist ein Optimist

Verklärung Christi

Verklärung Christi

Die ersten Seiten der Bibel berichten, wie Gott die Welt er­schaf­fen hat. Und fast gebetsmühlenartig wird nach jedem der sechs Schöpfungstage ein ganz bestimmter Satz wieder­holt: „Gott sah, dass es gut war.“ Und damit auch ja kein Zweifel daran besteht, heißt es bei der letzten Wiederholung: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte. Siehe, es war sehr gut.“ Man könnte sagen: Gott ist ein Optimist. Einer, der aus allem das Beste macht. Einer, der sich nicht beirren lässt. Einer, der an das Gute glaubt. Zwar gab es nie die so genannte „heile Welt“, sondern immer auch Umbrüche, Katastrophen und Enttäu­schun­gen, wie etwa Kain, der seinen Bruder Abel erschlagen hat, die Sintflut oder den Auszug aus Ägypten. Aber allen Rück­schlägen zum Trotz hat sich in der biblischen Heilsge­schichte letztlich immer der gute und positive Schöpfungskern durchgesetzt, der die Fesseln des Bösen gesprengt hat.

Das Wunder der Verklärung Christi auf dem Berg Tabor ist für mich die Offenbarung dieses positiven Schöpfungskerns, das strahlende Licht, das vom ersten Augenblick an in jedem Teil der Schöpfung verborgen war. Jetzt ist es aufgebrochen, dieses Licht. Christus strahlt von innen her göttliche Lebensenergie aus. Der ursprüngliche Schöpfungsakt wieder­holt sich in der Gestalt des Messias. Und wieder sah Gott, dass es gut war, sehr gut sogar. Und Gott sprach: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem Wohlgefallen gefunden habe. Auf ihn sollt ihr hören.“ Auf einmal wird klar, was der Apostel Paulus in einem seiner Briefe geschrieben hat: „Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.“ Mit der Verklärung Christi ist ein Schöpfungsprozess in Gang gesetzt worden, an dem wir teilhaben können, um das Angesicht der Erde zu erneuern. Die Strahlkraft des Heiligen Geistes ist es, die in uns wirkt und schafft. Zugegeben, die wenigsten von uns werden behaupten können, dass ihre persönliche Lebensführung auch nur ansatzweise ein Ort der Verklärung oder eine Sternstunde des Heiligen Geistes sei. Zu viel in uns ist noch unerlöst, klein­gläubig, mutlos und pessimistisch. Aber in jedem von uns steckt doch auch dieser positive Schöpfungskern, dieses kleine Licht der Hoffnung, das sich selbst auf dunklen Wegstrecken immer wieder Bahn bricht. Es gilt, den Glauben an das Gute in dieser Schöpfung, den Gott selbst vom Ursprung her an den Tag gelegt hat, in unseren Alltag zu integrieren und dadurch kleine Lichtspuren zu hinterlassen. Wenn schon nicht Verklä­rung, so doch wenigstens etwas mehr Optimismus, damit mehr Licht in unser Leben kommt.

Fragen wir uns: Sehe ich eigentlich alles immer nur negativ? Bin ich ein gewohnheitsmäßiger Nörgler und Stänkerer? Kann ich alles um mich herum nur noch kritisch sehen? Befürchte ich immer nur das Schlimmste? In so einem Fall muss die Initial­zündung der biblischen Botschaft her, die uns mit dem Apostel Paulus zuruft: „Einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr durch den Herrn Licht geworden. Lebt als Kinder des Lichtes! Wach auf, du Schläfer! Steh auf von den Toten, und Christus wird dein Licht sein.“ (Eph 5, 8-14) Wie kann das geschehen? Mehr Licht kommt immer dann in mein Leben, wenn ich an den positiven Schöpfungskern glaube. Wenn ich bereit bin, täglich neu anzufangen. Wenn ich versuche, aus allem das Beste zu machen. Wenn ich an das Gute in jedem Menschen glaube. Wenn ich meine Fähigkeit trainiere, Rückschläge wegzustecken und nochmal ganz von vorne anzufangen, und zwar Gott zuliebe. Über dem Nachtkästchen meiner Mutter hing immer diese alte, fein säuberlich gerahmte Spruchkarte, die zeitlos gültig besagt: „Immer wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her, dass du es noch einmal wieder zwingst und von Sonnenschein und Freude singst, leichter trägst des Alltags harte Last, und wieder Kraft und Mut und Glauben hast.”

Ulrich Manz

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