Betrachtungen zum Hymnus Veni Creator Spiritus

Gott Vater und Gott Heiliger Geist von Paolo Veronese (1528-1588)

Gott Vater und Gott Heiliger Geist von Paolo Veronese (1528-1588)

Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein, besuch das Herz der Kinder dein: Die deine Macht erschaffen hat, erfülle nun mit deiner Gnad.

Ja, Kinder Gottes sind wir, sein Eigentum von Anfang an, Söhne und Töchter des Höchsten, Brüder und Schwestern in Christus, unserem Herrn. Gott, der mich erschaffen hat, möchte so gerne bei mir sein und mich auf allen Wegen meines Lebens begleiten. Gott haucht allem seinen Lebensatem ein und sorgt sich darum, dass nichts von allem, was er erschaffen hat, verloren geht. Das nenne ich Gnade: das Gefühl einer unerschütterlichen und unaufgebbaren Gewissheit, von Gottes liebevoller Gegenwart umhüllt zu sein, geborgen im Schatten seiner Flügel, innerlich gestärkt, aufgebaut und gefestigt durch ein lebendiges Gottesbewusstsein.

Der du der Tröster wirst genannt, vom höchsten Gott ein Gnadenpfand, du Lebensbrunn, Licht, Lieb und Glut, der Seele Salbung, höchstes Gut.

Gott tröstet, indem er mich auf unsichtbare Weise begleitet. Er steht mir zur Seite und setzt mich ins Recht. Gott weckt in mir die Leidenschaft zum Leben. Er gibt mir die Würde zurück, die meine geistliche Berufung begründet. Das Licht des göttlichen Geistes wirkt in mir so aufbauend, wärmend und heilend wie die Sonne. Die lebendige Quelle meiner inneren, geistigen Mitte, der Kreativitätskern meiner Seele, das unaufhörlich pochende Herz meiner Existenz wird durch Gottes liebevollen Geist genährt. Gottes Geist lässt mich zum Klingen bringen wie eine Glocke, die ewig nachklingt, weil sie mit Gott in Berührung gekommen ist und ständig von ihm bewegt wird.

O Schatz, der siebenfältig ziert, o Finger Gottes, der uns führt, Geschenk, vom Vater zugesagt, du, der die Zungen reden macht.

Nicht nur ein Schatz, sondern auch eine Aufgabe und eine Berufung sind mit den sieben Gaben des Heiligen Geistes verbunden, die täglich neu errungen werden müssen. Gottes Finger berührt meine Lippen wie einst die Lippen des Propheten Jesaja, um meine Geistesgaben sprachfähig und kommunizierbar zu machen. Dies ist der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des guten Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis, der Frömmigkeit und Gottesfurcht.

Zünd an in uns des Lichtes Schein, gieß Liebe in die Herzen ein, stärk unsres Leibs Gebrechlichkeit mit deiner Kraft zu jeder Zeit.

Meine Sinne müssen von innen her leuchten und in die Welt hineinstrahlen, damit auch die Welt um mich herum zum Leuchten gebracht werden kann. Mit einem liebevollen Herzen nehme ich diese Welt als Gottes gute Schöpfung wahr, die bis ins kleinste Detail von seiner Weisheit, seinem Licht und seiner Liebe erfüllt ist. Weil Gott mich liebt, baut er mich immer wieder auf. In meinem sterblichen und gebrechlichen Leib erfahre ich die Gegenwart des ewig schöpferischen, aufbauenden Gottes.

Treib weit von uns des Feinds Gewalt, in deinem Frieden uns erhalt, dass wir, geführt von deinem Licht, in Sünd und Elend fallen nicht.

Gott hilft mir, das Böse in allen seinen Formen in die Schranken zu weisen und zu überwinden. Mit ihm kämpfe ich für das Gute in dieser Welt und ich versuche, der schöpferischen und lebensbejahenden Energie Gottes in dieser Welt zum Durchbruch zu verhelfen. Mit Gott unterwegs zu sein bedeutet für mich, jeden Augenblick meines Daseins innerlich versöhnt und in Frieden leben zu können.

Den Vater auf dem ewgen Thron lehr uns erkennen und den Sohn; dich, beider Geist, sei‘n wir bereit zu preisen gläubig alle Zeit.

Der Heilige Geist lehrt mich, den im Sein durchschimmernden und  in allem Lebendigen wirkenden und atmenden Schöpfergott als Vater aller Menschen und erst recht als meinen Vater im Himmel anzusehen. Zugleich erfahre ich mich als Sohn, als unaufgebbaren Teil am Schöpfungsleib, als wichtiges Organ zum Aufbau des Leibes Christi, den ich als Haupt und großes Vorbild ansehe.

Dem Vater Lob im höchsten Thron und seinem auferstandnen Sohn, dem Tröster auch sei Lob geweiht jetzt und in alle Ewigkeit.

Ja, Lobpreis, Ehre und Herrlichkeit möchte ich wachrufen. Die ganze Schöpfung möchte ich zum Klingen bringen. Wie Orgelklang braust das Licht auf mich herab, weil ich im Glanz von Gottes Gegenwart stehe. Christus, der Immanuel, der Gott mit uns – er nimmt mich hinein in den großen Blutkreislauf der göttlichen Dreifaltigkeit. Er lässt mich auferstehen zu einem neuen Leben, erfüllt von der Gnade seiner liebevollen Gegenwart, hell und kristallklar, beseligend und federleicht, von berückender Schönheit, voll Intelligenz und Kreativität, voll Enthusiasmus und Sympathie, ewige Seligkeit, Geist und Wahrheit. Amen.

Ulrich Manz

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